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Sonntag, 17. Februar 2008

Sollen wir wirklich heiraten?

Wer heiraten will, schwebt im „Siebten Himmel“. In diesem Zustand der Glückseligkeit gerät eine Tatsache oft in Vergessenheit: Frauen sind von der Venus, Männer vom Mars.

Voller Begeisterung zeigt Sabine Michael die spitzenbesetzten Damastservietten. „Die sind für die Hochzeitstafel einfach ideal. Oder was meinst du, mein Schatz?“ Michael würdigt das Objekt mit einem kurzen Blick, wobei er leise vor sich hin murmelt „Wenn du meinst. Ich finde eine so gut wie die andere.“ Verärgert wirft Sabine die Serviette auf die Verkaufstheke. „Alles ist dir egal. Muss ich denn immer alleine entscheiden. Es ist unsere Hochzeit, nicht meine.“ In nur wenigen Sekunden ist der Streit heraufbeschworen, die Kluft zwischen beiden vergrößert und das Gefühl „Du verstehst mich nicht“ breitet sich aus. Eine Situation aus dem alltäglichen Leben. Und eine Erfahrung, die keineswegs den Liebesbeteuerungen, als auch den Hochzeitswünschen widerspricht. Allerdings - leider - viel zu oft Missverständnisse, Unbehagen, vielleicht gar Zweifel „Sollten wir wirklich heiraten?“ auslöst.

Streit um Banalitäten
„Gestern Abend haben wir uns wegen der Tischordnung gestritten“, erzählt Anne den Tränen nahe ihrer Freundin. „Wo ist nur die Magie unseres Verliebtseins geblieben, als mir Thomas alles von den Augen abzulesen schien?“ Wer den Bund des Lebens eingeht, spürt die Stärke der Liebe. Und mit Leichtigkeit ist zu sagen „Mit dir will ich den Rest meines Lebens verbringen“.

Mit ebensolcher Leichtigkeit sollte allerdings auch die Verschiedenheit von Mann und Frau ins Bewusstsein rücken. „Männer und Frauen kommunizieren nicht nur unterschiedlich“, so John Gray, Psychologe und Buchautor, „sie denken, fühlen, reagieren, antworten und lieben auf verschiedene Weise.“ Paare, die diese Erkenntnis gewonnen haben, können eher gegenseitiges Verständnis und Respekt füreinander aufbringen. Missverständnisse können so ausgeschaltet werden.

Der Stress macht mich fertig
Der Gesprächsrahmen und die Mitteilungen, die jeder in die Worte des anderen legt, sind oft geschlechtsspezifisch geprägt. Frauen verwenden gerne Verallgemeinerungen, Metaphern und den Einsatz von Superlativen, um ihre Gefühle zu transportieren. „Dieser Vorbereitungsstress für unsere Hochzeit macht mich richtig fertig“, sagt Doris zu ihrem Verlobten Nils.
Die übertriebene Darstellung stellt allerdings keinerlei Abschwächung der eigenen Kompetenzen dar, noch ist er ein Hilferuf. Es ist einfach nur ein weibliches Ventil zum Abbau der inneren Anspannung. Die Bedeutung, die hinter solch einer Aussage steckt, lautet „Ich fühle mich heute überwältigt von allem. Gib mir eine positive Bestätigung. Auch suche ich deine Solidarität, dass es dir manches Mal ähnlich ergeht.“
Nur Nils reagiert auf der typisch männlichen Ebene. Er fühlt sich angegriffen, denkt er wäre verantwortlich für Doris Unbehagen und gibt den Tipp: „Wir können ein kaltes Buffett statt des aufwändigen Mehrgangmenüs einplanen.“ Doris Unzufriedenheit über seine Antwort zeigt sich sofort „Musst du mir alles vermiesen? Spar dir deine Ratschläge.“
Wie einfach wäre diese Klippe der unterschiedlichen Sprachkultur umschifft gewesen. „Hört sich an, als hättest du heute einen harten Tag gehabt“, antwortet jetzt Nils und umarmt Doris. „Tante Herta hat mich zig Mal im Büro angerufen, um mir jedes Mal einen anderen Tipp für das Menü mitzuteilen“, seufzt Doris. „Kein Wunder“, bestätigt Nils, „dass du dich gestresst fühlst. Ich kann dies gut nachempfinden. Schließlich schickt mir Opa ständig Aufnahmen von guten Organisten, die ich engagieren soll. Ich kann jetzt bis zu unserer Hochzeit kein Orgelspiel mehr hören.“ Beide lachen auf.

Gefühle direkt aussprechen
Die indirekte Art der weiblichen Kommunikation sorgt beim Partner oftmals für Verärgerung und Irritation. Er fühlt sich angegriffen, unter Druck gesetzt oder auch wenig in seinen Fähigkeiten bestätigt. „Wie konntest du die Angebote der Druckereien vergessen? Ich habe dich extra heute Morgen daran erinnert,“ wendet sich Beate an Sven. „Jetzt reg dich nicht so auf“, antwortet er gereizt. „Es war so viel zu tun im Büro.“ Sven hört in dieser typischen, rhetorischen Fragestellung keinesfalls Beate's Gefühle, sondern nur ihren Vorwurf. Er fühlt sich in seiner Kompetenz geschwächt, die Dinge zu erledigen.
Auch hier hätte Beate einen anderen Weg wählen können, indem sie direkt ihre Gefühle ausspricht. „Ich bin schon enttäuscht, dass du die Angebote vergessen hast. Schließlich bin ich so gespannt, wie die Vorschläge aussehen und was es kostet.“ „Hhmm, ich bin auch neugierig", antwortet Sven. „Morgen habe ich einen Termin bei einem Kunden. Von dort aus werde ich während meiner Mittagszeit gleich zu den Druckereien fahren.“ Die Situation ist ausgelotet.

Am besten keine Vorwürfe
Ein anderes Beispiel: Die Vorbereitungen für den Polterabend laufen auf vollen Touren. Lauthals ruft Nina über den Hof „Felix, die Getränke sind noch immer im Auto.“ Verärgert brüllt Felix zurück „Dies weiß ich selbst. Du siehst doch, dass ich gerade die Girlanden aufhänge.“ „Was reagierst du so genervt? Ich habe nur etwas festgestellt, sonst gar nichts“, kontert Nina. Felix fühlt sich in diesem Moment kritisiert, denn die Mitteilung, die er zwischen den Zeilen hört, lautet „Es ist dein Job, die Getränke zu holen. Unverantwortlich ist es, dass ich daran erinnern muss“. Seine genervte Reaktion ist aus seiner Sicht nur natürlich. Direktheit ist auch in dieser Situation die Lösung. „Holst du mir, nachdem du die Girlanden aufgehängt hast, die Getränke aus dem Wagen?“ fragt jetzt Nina und bietet Felix die Freiheit, selbst zu entscheiden.

Magie des Gender-Talks
Die Nutzung des so genannten ,,Gender-Talk" ist eine Bereicherung, die die Magie der Partnerschaft zweifelsfrei aufrecht erhält. Sich auf den Partner und dessen Sprache einzulassen, das verbindet. Schließlich entsteht so eine Brücke des gemeinsamen Verstehens. Die beste Voraussetzung für eine erfolgreiche Ehe.

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